Und wie! Zwar nicht überall, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, aber am vergangenen Wochenende ganz bestimmt im fränkischen Gutenstetten. Nicht dass Gutenstetten so eine pulsierende Metropole wäre, aber für die Instrumentenwelt ist der Ort durchaus von globaler Bedeutung. Hier ist nämlich die Roland Meinl Distribution GmbH & Co. KG ansässig – ihres Zeichens DER Vertrieb für Ibanez-Instrumente in Deutschland.
Ich sehe sie vor meinem geistigen Auge schon abwinken, die Gibson- und Fender-Puristen: „Was willst du denn mit diesem Japan-Zeugs …“, „Die ham doch keinen Wiederverkaufswert …“ und ähnliche Schoten. Ganz ehrlich: von solchen Anwandlungen war ich selbst auch nicht immer gefeit, hab‘ mich aber schon gebessert. Wie wir alle wissen, der gemeine Rockgitarrist ist stockkonservativ. Bitte nur Röhrenamps – wenn’s geht, einkanalig und OHNE Mastervolume, denn echte Kerle brauchen sowas nicht und vor allem hat auf einer E-Gitarre nur „Made in USA“ zu stehen. „Hey, Alter, anders wirst du nieee einen guten Ton haben, echt jetzt, ohne Shice!“, so oder ähnlich tönt sie, die Bluesrockpolizei in ihren karierten Holzfällerhemden. Oh, ich drifte und zwar ab … Was wollte ich nochmal? Ach so, ja, Ibanez Guitar Festival war das Stichwort.
Kurzum: Es war großartig! Hervorragend organisiert, sehr nettes, kompetentes Personal an allen Ecken und Enden, leckeres Catering und das Beste: alle Instrumente im Showroom, groß wie ein halbes Fußballfeld, durften angetestet werden. Egal, ob Anfängerinstrument der unteren Preisklasse oder Premiuminstrument, einfach Gitarre schnappen und sich an einer der Sitzgruppen mit bereitstehenden virtuellen Amps einstöpseln. Die Testplätze waren über die zwei Tage hinweg dauerbelegt, zudem war ich auch noch mit Fotografieren, Eindrücke sammeln, Kollegen treffen, Chefredakteur treffen und Workshops besuchen beschäftigt. Neue Spielzeuge antesten mußte für mich also ausfallen. Es war aber noch genug Zeit, das aktuelle Ibanezprogramm in Augenschein und einige Exemplare in die Hand zu nehmen. Was soll ich sagen: Durch alle Preisklassen hinweg fällt die sehr hochwertige Verarbeitung auf. Womit wir wieder bei den zwei ganz großen Namen aus Übersee wären, denn bei jenen gab es durchaus Phasen in der Firmenhistorie, wo die Verarbeitung ….hüstel, hüstel … nun ja, wie soll ich sagen, etwas besser hätte sein können.
Der Gitarrist lebt ja nicht vom Bestaunen der Instrumente allein, ab und an darf es auch etwas Inspiration und Motivation von außen sein. Dafür gab es reichlich Gelegenheit bei den Workshops. Wie immer eine Klasse für sich war Paul Gilbert. Nicht nur, dass er als Saitenvirtuose in seiner eigenen Liga spielt, er ist auch ein phantastischer Lehrer. Was ihn von anderen, ebenfalls Workshops haltenden Gitarrensuperstars unterscheidet: er zeigt nicht nur wie er was spielt, sondern bricht komplex anmutende Spieltechniken auf einfache Bausteine herunter, die auch Anfängern einen sofortigen Einstieg in seine gitarristische Philosophie ermöglichen. Für jene, die gerne mal aus dem systemimmanenten Vier-Viertel-Takt der Rockmusik ausbrechen möchten, hatte Jan Zehrfeld, Mastermind von Panzerballett, eine inspirierende Lehrstunde zum Thema „Metrische Modulation“ parat. Fiese rhythmische Überlagerungen, Verzahnung von Gitarrenparts, warum ein Song in zwei Tempi ablaufen kann und dergleichen mehr hatte er im Angebot. Wer danach noch keine Knoten in den Gehirnwindungen hatte, darf sich beglückwünschen. Als weitere Saitenprominenz wurde gesichtet: Gary Willis, Tosin Abasi (Animals as Leaders), Andrew Lauer, Wojciech Hoffmann, Thomas Brendgens-Mönkemeyer.
Visuelle Eindrücke gibt es hier