Sie verfolgen mich, diese kleinen bunten Akkorde. Ich werde sie nicht los. Immer wieder schleichen sie sich ein. Da muß ich wieder an diesen Spruch denken: „Nur weil Du nicht paranoid bist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht hinter dir her sind.“ Sie sind hinter mir her und jagen mich mit ihren offenen Saiten. Ich hatte schon mal zum Thema Open String Voicings geschrieben und jetzt muß solch ein Akkord mit offenen Saiten als Chord of the Week herhalten. War längst überfällig, gehören sie doch zu meinen favorisierten Verlegenheitshandlungen auf der Gitarre. Mein persönlicher Spitzenreiter unter den Open String Chords:
Dm7/9 mit offener e-Saite
Noch dazu in meiner Lieblings-Moll-Tonart „Dm“. There’s nothing like it – zumindest wenn es um Moll-Tonarten geht. Hab ich schon erwähnt, dass jede Tonart ihren ganz spezifischen Sound hat? Also nicht nur in der Tonhöhe, was ja klar ist, sondern eben was den tonarteigenen Klangcharakter angeht. Dm kann nur nach Dm klingen. Darum bin ich auch kein Freund des Transponierens, schon garnicht mit Kapo! Muß mich zügeln, bin schon wieder mitten im Abschweifen …
Also: Den diesmaligen Chord of the Week habe ich zum ersten Mal im Intro von „Disciples of hell“ von Yngwie Malmsteen auf seinem zweiten Epos „Marching out“ bewußt wahrgenommen. Das ist jetzt gerade mal 25 Jahre her und meine analytischen Fähigkeiten waren damals noch recht bescheiden, aber sie reichten immerhin aus, um zu erkennen, dass die leere e-Saite in dem Akkord in Bezug auf den Grundton d die None darstellt. Zeitgleich kommt in diesem Griffbild auch die Mollterz f vor. Die Koexistenz von None e und Mollterz f, diese spezielle Reibung einer kleinen Sekunde (das Intervall von e bis f) ergibt diese wundervolle, gerade noch erträgliche Dissonanz.
Damit es nicht bei bloßer Theorie bleibt, kommt hier eine kleine Picking-Etüde im flotten Tempo mit dem Chord of the Week. Bei Klick auf die Grafik öffnet sich das pdf zum freien Download. Viel Spaß!
